Die Narrenzeit ist vorüber. Auch wenn heuer nicht viel davon über war. Und damit auch die Zeit für Krapfen und Schmalzgebackenes. Aber: eine gute Gelegenheit noch einmal Faschingsbäckereien zu machen. Nochdazu wo es sich diesmal gut mit dem chinesischen Neujahrsfest trifft. Wenn man also zu Baozi eingeladen ist ... bringt man am Besten Buchteln mit. Wie ähneln sie sich doch in ihrer Form und Zubereitung - nur umgekehrt. Was das heißt? Man füllt den Teig und formt ihn zu Taschen (Bao = Chinesisch für Tasche). Die Buchtel - eine Bereicherung aus der böhmischen Küche als das Habsburgerreich und späteres Österreich ein Mulitkulti-Land mit so vielen farbenprächtigen Kulturen und Sprachen aber vor allem auch Speisen war. Und das unheimliche Glück in einer Stadt zu leben, die die damalige Hauptstadt des Vielvölkerstaates war. Und wie überall auf der Welt strömen viele Menschen dorthin um Arbeit zu finden oder auf die Universität zu gehen oder auf der Walz ihre Lehre zu erweitern. In Wien kann man die Schwingungen noch spüren wie es ist eine Metropole eines Imperiums vieler Nationen zu sein. Das wird einem erst bewußt, wenn man in London lebt, wo diese Schwingungen noch aktuell zu spüren sind - und Wien noch leiser Nachhall davon ist. Aber sonst wohl selten in einer Stadt zu treffen ist. Vielleicht in Peking - aber da habe ich nicht lange genug gelebt um tief genug einzutauchen und zu fühlen. Zu verwirren und overwhelming (kein wirklich passendes deutsches Wort dafür) ist diese Kultur für einen Europäer.
Doch zurück zu unserer Buchtel und das Glück in einer Stadt zu leben, die von vielen Küchen beeinflußt und geprägt wurde - und dort hält sich über die Zeit ja immer nur das Beste.
Klassischer Weise mit Powidl und Zucker oder Marillenmarmelade und Vanillesauce bin auch ich ein Kind der Zeit und von meinem Leben geprägt - nämlich dem Leben auf der Insel im Nebel: Großbritannien. Man kann in der Vergangenheit über die Englische Küche sagen was man will, aber (und ich bin fest der Meinung es ist Jamie Oliver zu verdanken, der unermüdlich auf die Briten über TV einprügelte gesund zu essen, gut zu essen, beim Bauern zu kaufen etc bis man ihn nicht mehr sehen konnte) es ist mittlerweile schwer geworden in England schlecht zu essen. Auch die Englische Hausmannskost von Sunday Roast bis Fish & Chips mit Mushy Peas ist, erstaunlicher Weise, köstlich. (Und damit geht auch diese dünnste Buch an die Deutschen über.) Süchtig wird man auf Custard. Eine Art Vanillecreme, vielleicht noch ähnlich der Wiener Kanaricreme, die mittlerweile auch in Vergessenheit geriet, was unverzeihlich ist. Custard wird über alles gegossen was irgendwie ein Kuchen ist. Und wenn man damit einmal anfängt kann man auch nicht mehr aufhören Speisen zu suchen über die man Custard kippen kann. (Aber ich gebe zu, ihre diversen Früchtekuchen können sie sich behalten - auch mit Custard).
Hier ist also mein Beitrag zum modernen Schmelztiegel Wien:
BUCHTELN MIT CUSTARD
BUCHTELN:
Zutaten:
400g Mehl
200g geschmolzene Butter
3 Eidotter
50g Zucker
½ Pkt Germ
250ml Milch
Salz
abgeriebene Zitronenschale
Powidl und oder Marillenmarmelade zum Füllen
50g geschmolzene Butter zum Bestreichen
Zubereitung:
- Dampfl ansetzen: dazu Milch lauwarm erwärmen, 1EL Zucker, Salz und 1 El Mehl darin verrühren. Germ hineinbröseln. Mit 1EL Mehl bedecken. Zudecken und 30 Minuten an einem warmen Ort gehen lassen. (Ich stelle ihn meistens auf die kleine Heizung. Er liebt es!)
- Dann mit dem restlichen Mehl, Dottern, restlichem Zucker, Zitronenschale und Butter zu einem Teig kneten. Mit Mehl bestäuben und abgedeckt ca 45 Minuten gehen lassen (das Mehl soll immer Risse zeigen, dann ist er gut gegangen - kann auch über Nacht gehen)
- den Teig fingerdick ausrollen und in 10-12 Quadrate schneiden. Einen Klecks Powidl und/ oder Marillenmarmelade pro Quadrat aufbringen, zusammenschlagen und (wie Baozi) zusammendrücken.
- mit der Spitze in flüssige Butter tauchen und in eine ausgebettete Form verkehrt (also Spitze nach unten) legen). Nochmals mit flüssiger Butter bestreichen
- mit einem sauberen Küchentuch abdecken und an einem warmen Ort 30 Minuten gehen lassen
- das Backrohr auf 160° Umluft vorheizen
- die Buchteln ca 25 Minuten backen - bis sie goldbraun sind
Fast fertig! Während den "Gehzeiten" kann den Custard machen:
CUSTARD
Zutaten:
5 Eigelb
35g Staubzucker
360g Schlagobers
1 Prise Salinensalz
1 Vanilleschote
Zubereitung:
- in einer Schüssel für Wasserbad die Eigelb mit dem Zucker verrühren
- in einem Topf Schlagobers, Salz und Vanilleschote simmern - nicht kochen! (es ist ausreichend heiß wenn die Flüssigkeit dampft, sie soll noch keine Blasen werfen). Die heiße Creme langsam mit einem Schneebesen unter ständigem Rühren zu den Eiern hinzufügen.
- Die Schüssel über ein Wasserbad stellen und rühren bis sich die Flüssigkeit verdickt und keine Blasen mehr sichtbar sind (ca 8-10 Minuten).
- Die Vanilleschote herausnehmen, Längsschneiden und das Vanillemark mit einem Teelöffel herauskratzen und unter die Creme rühren. Eventuell noch durch ein Sieb streichen um kleine Klumpen zu entfernen.
Am Besten heiß servieren!
An alle Bäcker: hier heißt es schnell sein, wenn ihr etwas davon probieren wollt, denn diese Buchteln sind verdammt schnell weg. :-)
Gutes Gelingen!